Das Gesamtarbeitsvolumen ist in Deutschland auf Rekordhoch und dennoch bleiben Potenziale unausgeschöpft. Denn insbesondere Frauen würden ihre Erwerbsarbeit gerne weiter ausbauen und mehr Stunden arbeiten, werden aber durch strukturelle Hürden vom Arbeitsmarkt ferngehalten. Zu dieser Erkenntnis kommt eine aktuelle Studie des DIW. Sowohl aus gleichstellungspolitischer als auch aus volkswirtschaftlicher Sicht ist es daher geboten, Hürden konsequent abzubauen. Aus Perspektive des VdU sind dies die wichtigsten Ansatzpunkte:
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Strukturelle Rahmenbedingungen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erschweren, beseitigen: Dazu gehören der in großen Teilen Deutschlands noch immer mangelhafte Ausbau flächendeckender, qualitativer und bezahlbarer Kinderbetreuung. Dabei braucht es insgesamt mehr Flexibilität der gesetzlichen Vorgaben – auch für Betriebskitas, mehr Offenheit für Quereinsteiger*innen sowie eine marktkonforme Reform des Ausbildungssystems für Pädagog*innen. Ansonsten wird dieses Henne-Ei-Problem (Mangel an Betreuungsplätzen – Mangel an Erzieher*innen und Lehrer*innen) nicht behoben.
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Steuerliche Fehlanreize, die hemmend darauf wirken, dass Frauen den Erwerbsumfang ausbauen, reformieren: Das Steuer- und Abgabensystem ist noch immer auf die Einverdiener-Ehe ausgerichtet und hemmt den Ausbau des Erwerbsumfangs von Frauen. Es braucht die Abschaffung der Lohnsteuerklassen III und V und zugleich die Modernisierung des Ehegattensplittings zugunsten eines Familiensplittings. Die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartner*innen gehört zudem abgeschafft.
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Elterngeld- und Elternzeitregelungen gleichstellungspolitischer ausrichten: Nur durch die Schaffung wirksamer Anreize für eine faire 50/50-Teilung der bezahlten Elternzeiten zwischen den Partner*innen kann der Gender Care Gap aufgelöst werden. Statt der Orientierung am Bruttoeinkommen der jeweiligen Partner in der Zeit vor der Geburt sollte der Elterngeld-Höchstsatz beispielsweise nur bei einer 50/50-Aufteilung der Elternzeit gezahlt werden. Je paritätischer die Elternzeit-Aufteilung, desto mehr Elterngeld wird ausgezahlt.
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Minijobs reformieren: Minijobs sollten nur für Schüler*innen, Student*innen, Rentner*innen sowie Personen mit einem sozialversicherungspflichtigen Hauptjob offenstehen. Dies würde sowohl das Risiko der Altersarmut senken als auch einen Anreiz schaffen, einer vollzeitnahen Beschäftigung nachzugehen.
Nur im Zusammenspiel der Reformen – Kinderbetreuung, Ehegattensplitting, Mitversicherung und Minijobs – wird die Steigerung der Erwerbsbeteiligung von Frauen zum Erfolg führen. Sowohl gesellschaftlich als auch mit Blick auf den bestehenden und drastisch wachsenden Fach- und Arbeitskräftemangel gibt es keinen Grund, weiter abzuwarten und dieses Potenzial unausgeschöpft zu lassen.