UNTERNEHMERIN

Mit Mut und Innovation

Grita Loebsack ist Vorstandsmitglied der Beiersdorf AG und verbindet internationale Markenführung mit innovativen Ansätzen, um NIVEA als globale Markenikone weiterzuentwickeln. Im Interview spricht sie über die Bedeutung von Mut, Kreativität und Verantwortung.

Frau Loebsack, Ihre Karriere führte Sie von großen Marken wie L’Oréal und Unilever bis zu Ihrer heutigen Position als Vorstandsmitglied der Beiersdorf AG, wo Sie als „President NIVEA“ die globale Verantwortung für die Markenikone NIVEA tragen. Wie kam es dazu, dass internationale Markenführung zu Ihrem Thema wurde?  

Das Thema Markenführung hat mich insbesondere seit meinem Schritt ins Marketing bei L’Oréal fasziniert. Ich finde es spannend, an den verschiedenen Aspekten einer Marke zu arbeiten, diese klar zu definieren und damit voranzubringen. Bei L’Oréal konnte ich in verschiedenen Positionen, diverse Marken in unterschiedlichen Märkten führen und schließlich als Global Brand President von Vichy eine Marke international verantworten. Diese Position war eine sehr gute Vorbereitung, um bei Unilever als Executive Vice-President of Global Skin Care zu starten. Eine Marke global zu führen, eine einheitliche visuelle Sprache für sie zu finden, die international in Nuancen angepasst werden kann, ist eine spannende Herausforderung. Umso einmaliger ist diese Herausforderung mit einer Markenikone wie NIVEA, die eine beeindruckende Geschichte und heute eine universelle Präsenz hat. 

Beiersdorf blickt auf eine 140-jährige Unternehmensgeschichte zurück. Gleichzeitig wird die Hautpflegebranche immer wettbewerbsintensiver und schnelllebiger. Welche Rolle spielt Innovation für ein Traditionsunternehmen wie Beiersdorf? 

Beiersdorf steht seit über 140 Jahren für innovative, hochwertige Hautpflegeprodukte und wegweisende Hautforschung. Das ist unsere Kernkompetenz - wir wollen unseren Verbraucher*innen einen Mehrwert bieten und dafür sorgen, dass sich Menschen auf der ganzen Welt in ihrer Haut wohlfühlen Wir haben die moderne Hautpflege erfunden und haben marktführende Positionen inne.  

Innovation ist der Kern unserer Branche: neue Technologien und Forschungsergebnisse sind die Treiber unserer Industrie. Es ist essenziel, die Hautbedürfnisse der Konsument*innen zu erkennen, und diese neu und immer wieder besser zu beantworten. Unsere neuesten hochwertigen Inhaltsstoffe sind der beste Beweis dafür: Thiamidol und Epicelline. Hier greifen wir grundlegende Hautbedürfnisse wie ein ebenmäßiges Hautbild oder jungaussehende, strahlende Haut auf und beantworten diese mit innovativen und neuartigen Produktangeboten. Die bisherigen Rückmeldungen zeigen, dass es genau diese Innovationen sind, die unsere Konsument*innen lieben. Sie wissen, dass sie bei Beiersdorf auf unübertroffene Hautexpertise zählen können. Insbesondere die Marke NIVEA hat es immer wieder geschafft, Verbraucher*innen neu zu begeistern und für alle Zielgruppen relevant zu bleiben. 

Ein wichtiger Bestandteil der NIVEA-Philosophie ist das Engagement für Vielfalt und Inklusion. Die Win with Care Strategie von Beiersdorf soll zudem die ökologische und soziale Verantwortung stärken. Welche konkreten Maßnahmen dieser Strategie sind für die Marke NIVEA besonders relevant? 

Die „Win with Care” Strategie ist in unserer Zielsetzung und unserer einzigartigen Care-Kultur verwurzelt, hat aber einen klaren Fokus auf das Gewinnen. Das reiche Erbe unseres Unternehmens wird in Ehren gehalten und gleichzeitig werden bahnbrechende Innovationen vorangetrieben. Unser Engagement für Care Beyond Skin steht dabei im Mittelpunkt unseres Handelns.  

NIVEA als Beiersdorf’s größte Marke trägt hier einen entscheidenden Teil bei. Durch die Produkttransformationen im Sinne der Nachhaltigkeit zahlt NIVEA auf unser ambitioniertes Net Zero Ziel ein. Ein weiterer bedeutender Aspekt ist auch die NIVEA Social Mission, welche mir persönlich sehr am Herzen liegt. NIVEA hat sich zum Ziel gesetzt soziale Isolation und Einsamkeit, beides große Themen unserer Zeit, zu bekämpfen. NIVEA war schon immer mehr als nur eine Hautpflegemarke. Wir kümmern uns nicht nur um die Haut, sondern auch umeinander, weltweit, über Generationen hinweg. Wir glauben an die tiefgreifende Kraft menschlicher Verbindung und Zusammengehörigkeit – und wir verpflichten uns, aktiv zu werden. Deshalb schließen wir uns Institutionen, Universitäten und NGOs an, um gegen die wachsende Epidemie der sozialen Isolation und Einsamkeit vorzugehen, eine Entwicklung, die schwerwiegende Langzeitfolgen für Gesundheit und Wohlbefinden hat. 

Sie gelten als international erfahrene Managerin und können auf zahlreiche Erfolge in Ihren vielfältigen Unternehmensfunktionen zurückblicken. Welche Rolle spielt Mut zum Risiko bei Ihren Entscheidungen? Und wie motivieren Sie Ihr Team zu kreativen und mutigen Entscheidungen? 

Mut spielte eine sehr wichtige Rolle in all meinen Entscheidungen, denn vorangebracht haben mich meine Taten und nicht das Abwarten oder meine Fehltritte. Meiner Meinung nach geht es im Leben nicht darum, Regeln von anderen zu befolgen, sondern den eigenen Weg zu finden und zu gehen. Ich halte es mit dem Credo: Es ist besser, um Vergebung als um Erlaubnis zu bitten. Dabei muss es nicht immer der Mut zum Risiko sein. Mut kann sich in vielen Facetten zeigen. Mut kann bedeuten, etwas Neues zu wagen aber kann ebenso meinen, eine getroffene Entscheidung zu überdenken und anzupassen. 

Vor allem im beruflichen Kontext kann es auch mutig sein, weniger zu machen, aber dafür besser. Das merken wir insgesamt bei Beiersdorf und ich persönlich in der Markenführung von NIVEA. Eine ikonische Marke zeitgemäß weiterzuentwickeln, sie inklusiver zu zeigen und den Markenkern auf eine moderne Art nach außen zu kehren, erfordert Mut. Diese Veränderungen gefallen sicher nicht allen, aber wir als Marke gehen diesen Weg, weil wir ihn für richtig halten. 

Frauen sind an der Spitze von Konzernen immer noch deutlich unterrepräsentiert. Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland besonders schlecht ab. Welche Veränderungen in der Führungskultur deutscher Großunternehmen wünschen Sie sich? 

Um gleiche Chancen für alle Geschlechter zu gewährleisten, konzentrieren wir uns bei Beiersdorf darauf, Barrieren, die ein gleichberechtigtes berufliches Fortkommen verhindern könnten, abzubauen. Es gibt Maßnahmen wie Führungsprogramme für Frauen und eingehende Analysen unserer geschlechtsspezifischen KPIs zur Karriereentwicklung. 

Um uns selbst in die Pflicht zu nehmen, haben wir am Internationalen Frauentag 2021 unsere „Beiersdorf Gender Parity Ambition“ bekannt gegeben: Dort ist die Ambition verankert, bis 2025 auf allen Managementebenen weltweit ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis von 50/50 zu erreichen. Bis zum 1. September 2023 war der Anteil von Frauen in Führungspositionen weltweit auf 50,3 % gestiegen. Wir haben unser Ziel der Geschlechterparität also früher als geplant erreicht - ein großer Erfolg und ein wichtiger Schritt. Wir bieten eine breite Palette an flexiblen Arbeitsregelungen, die eine gesunde Work-Life-Balance bei Beiersdorf ermöglichen. Auch im Vorstand haben wir Fortschritte gemacht: Seit Januar 2023 liegt der Frauenanteil im Vorstand bei 42,9 %. 

Ich persönlich kann nur bekräftigen, dass es definitiv mehr Frauen in den Führungsebenen benötigt. Es ist eine Tatsache, dass divers aufgestellte Teams bessere Ergebnisse erzielen. Ich bin stolz darauf, dass wir bei Beiersdorf diese Entwicklung bewusst priorisieren und bereits auf einem guten Weg sind. 

Als Frau in einer Top-Führungsposition eines DAX-Konzerns sind Sie für viele ein Vorbild. Welche Herausforderungen mussten Sie auf Ihrem Karriereweg meistern und was raten Sie Frauen, die eine Karriere im Top-Management anstreben? 

Natürlich gibt es auf jedem Karriereweg auch Rückschläge beziehungsweise Entscheidungen, die ich als Niederlage hätte bewerten können. Mir ist es allerdings wichtig, aus allen Erfahrungen zu lernen. Dadurch werden aus Fehlern Lern- und Entwicklungschancen. 

Für mich sind verschiedene Aspekte hierbei sehr wichtig, zum einen, dass man dauerhaft an sich arbeitet, sich weiterentwickelt und neue Herausforderungen sucht. Dabei kommt es vor allem darauf an, die eigenen Stärken in den Fokus zu rücken, an sich zu glauben und sich Gehör zu verschaffen. Es bedeutet, auch unbequeme Fragen zu stellen und den eigenen Standpunkt deutlich zu machen. Ich kann nur empfehlen, bei Herausforderungen die Hand zu heben und sie als Chance zu sehen. Meist halten sie das größte Entwicklungspotential bereit. 

Auf der privaten Ebene kann ich sagen, es ist absolut entscheidend, den richtigen Partner/Partnerin an seiner Seite zu haben. Ich hätte niemals das erreichen können, was ich erreicht habe, wenn ich nicht die kontinuierliche Unterstützung und den Ansporn meines Mannes gehabt hätte.  In vielen Momenten des Zweifels, habe ich in ihm Kraft und Mut gefunden. 

Frau Loebsack, zum Schluss noch eine persönliche Frage: Was hilft Ihnen, kreativ zu bleiben und neue Impulse für Ihre Arbeit zu bekommen? 

Ich bin von Natur aus ein neugieriger Mensch. Neues auszuprobieren und nicht nur Gewohntes zu wiederholen, halte ich für immens wichtig. Neue Impulse helfen mir dabei, kreativ zu sein. Ich nutze verschiedene Inspirationsquellen, Musik ist beispielsweise eine davon aber auch Zeit in der Natur zu verbringen. Wenn meine Sinne angeregt werden, schöpfe ich daraus unglaublich viel. Auch ein gutes Buch, ein Spaziergang oder Sport helfen mir, neue Impulse zu finden. 

Und natürlich die Verbindung zu meiner Familie, meinen Kindern und guten Freunden. Aus Begegnungen und emotionalen Momenten mit den mir liebsten Menschen, vor allem meinen Kindern, kann ich sehr viel Inspiration mitnehmen.  

 

ZUR PERSON 

Grita Loebsack, gebürtige Berlinerin, begann ihre Karriere als Strategieberaterin bei Oliver Wyman und wechselte 1996 zu L’Oréal, wo sie ihre Leidenschaft für Markenführung entdeckte und 16 Jahre in Führungsrollen tätig war, u. a. als Global Brand President von Vichy. Nach Stationen bei Unilever und als CEO Fashion and Leather Goods Emerging Brands bei Kering betreute sie bei EssilorLuxottica als Chief Marketing Officer globale Marken. Loebsack ist außerdem Beraterin bei Felix Capital, einer Venture Firma für die Kreativbranche. Seit 2022 ist sie Präsidentin von NIVEA und treibt Innovation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit voran. Die Absolventin der London School of Economics und der französischen Wirtschaftshochschule INSEAD spricht fünf Sprachen fließend und hat in mehreren Ländern gelebt. Heute arbeitet sie in Hamburg und lebt mit ihrem französisch-italienischen Ehemann und ihren drei Kindern in Hamburg und Paris. 

© Beiersdorf

INTERVIEW: Viktoria Keltenich 

Dieser Beitrag wurde erstmals in der UNTERNEHMERIN 02/24 veröffentlicht.