Bayern-Süd

Zum Weltfrauentag: VdU Landesvorsitzende Rosie Schuster im Gespräch

Höhere Energiepreise, Probleme bei den Lieferketten, Personalmangel in allen Bereichen bis hin zu einer Inflation auf Rekordhöhe. In diesem Jahr steht die Wirtschaft vor riesigen Herausforderungen. Gerade deshalb braucht es jetzt gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt für nachhaltiges Wachstum. Ein Teil der Lösung sind bessere Bedingungen für Frauen in der Wirtschaft, um von ihrem Potential und ihrer Expertise zu profitieren.

Als Vorsitzende des VdU Landesverband Bayern-Süd weiß Rosie Schuster um die Hindernisse, die Frauen die unternehmerische Tätigkeit und Gründung erschweren.

Frau Schuster, welche Rolle kann der VdU in diesen Zeiten einnehmen?

Netzwerke und Verbände haben gerade in Krisenzeiten eine wichtige Funktion ihre Mitglieder zu unterstützen und zu begleiten. Wir im VdU schaffen Plattformen und Gelegenheiten, sich unternehmerisch auszutauschen und voneinander zu profitieren. Gleichzeitig öffnen wir Türen und ermöglichen politische und unternehmerische Sichtbarkeit.

Der VdU hat es sich zur Aufgabe gemacht, weibliches Unternehmertum sichtbarer zu machen, um mehr Frauen zur Gründung von Unternehmen zu motivieren. Ohne mehr Unternehmerinnen und Frauen in Führungspositionen werden wir es nicht schaffen, unsere Wirtschaft resilienter gegenüber Krisen und negativen Entwicklungen zu machen.

Wie sehen Sie den Unterschied zwischen weiblichem und männlichem Unternehmertum?

Studien zeigen, dass Startups mit Frauen im Gründungsteam im Vergleich zu reinen Männerteams signifikant mehr Umsatz generieren und einen höheren Return on Invest aufweisen. Das zeigt uns, dass 1+1 mehr als 2 ist, wenn wir an gemischte Teams denken und die Konsequenz daraus ist, dass wir alles tun müssen, um Gründerinnen zu unterstützen.

Wenn Sie drei Wünsche an die Politik frei hätten, welche wären das?

Der VdU stellt der Politik einen umfangreichen Leitfaden für zeitgemäße Rahmenbedingungen für frauengeführte Unternehmen zur Verfügung. Ich kann diese Lektüre nur jeder Politikerin und jedem Politiker empfehlen: Positionspapier „Verbesserte strukturelle Rahmenbedingungen für Unternehmerinnen“.

Aber ich greife gerne drei ganz unterschiedliche Punkte von vielen heraus, an die man vielleicht nicht als erstes denkt, die meiner Meinung nach aber das Potential einer Hebelwirkung haben.

1. Parität in der Politik: Sobald diese erreicht ist und Frauen in gleicher Weise politisch teilhaben, wird sich Politik ändern. In ihren Entscheidungen und in der Art und Weise. Wir werden von der Diversität in Lebenserfahrung und den unterschiedlichen Herangehensweisen profitieren. Aktuell ist der Bayerische Landtag zu 27% weiblich besetzt. Am 8. Oktober 2023 ist Landtagswahl und ich hoffe sehr, dass wir uns endlich den logischen 50% nähern.

2. Änderung der Elterngeldregelung: Ich bin für die Schaffung wirksamer Anreize für eine faire 50:50-Teilung der bezahlten Elternzeiten. Eine solche Regelung wird Wirtschaft verändern. Die Unternehmen werden darauf reagieren und es ihren männlichen Mitarbeitern leichter machen, entsprechende Elternzeiten in Anspruch nehmen zu können. Und die Frauen landen seltener in der Teilzeitfalle.

3. Fortschrittliche Bildungspolitik: Der VdU empfiehlt die Einführung eines Schulfachs „Lebensökonomie“ für Mädchen und Jungen. Gemeint ist die Vermittlung gesellschaftsrelevanter und ökonomischer Kenntnisse, beispielsweise gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge, privates Finanzmanagement, verbraucherrechtliche Fragen, die Berufswahl, Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit in der Partnerschaft sowie die Auswirkungen des eigenen Handelns auf Umwelt, Klima und Ernährung. Ich bin der absoluten Überzeugung, dass der allergrößte Hebel für die Bewältigung unserer bevorstehenden Herausforderungen in der Bildungs- und Erziehungspolitik liegt. Deshalb unterstütze ich diese, wenn auch nur eine von vielen Forderungen, sehr und von ganzem Herzen.

 

Rosie Schuster ist seit Januar 2022 Vorsitzende im Landesverband Bayern-Süd. Die Unternehmerin verantwortet als Geschäftsführerin die Geschicke der Techcast GmbH.

Foto: Techcast