Wirtschaft & Arbeit Positionspapier

Politische Forderungen des VdU: Was Unternehmerinnen wichtig ist

Was erwarten die Unternehmerinnen des VdU von der Politik? Welche konkreten Forderungen richten sie an die Bundes- und Landesregierungen, um Frauen in unternehmerischer Verantwortung und in der Wirtschaft generell zu stärken? In enger Abstimmung mit dem Bundesvorstand und der Geschäftsstelle haben wir im Folgenden die politischen Forderungen der Unternehmerinnen zusammengestellt und veröffentlicht.

Der Forderungskatalog des VdU gliedert sich in die folgenden Schwerpunktthemen:

  1. Arbeitsmarkt
  2. Steuern & Finanzen
  3. Digitalisierung
  4. Klima & Energie
  5. Frauen in der Wirtschaft stärken
  6. Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Sorgearbeit
  7. Gleichstellungspolitik als Teil der Wirtschaftspolitik
  8. MINT & Bildung
  9. Unternehmertum

1. Arbeitsmarkt: Ein moderner Rechtsrahmen für die Arbeitswelt der Zukunft wird den Anforderungen nach flexiblem und selbstbestimmtem Arbeiten gerecht.

Unsere Arbeitswelt ist mit rasantem Tempo flexibler, digitaler und vernetzter geworden. Der Bedarf nach zeit- und ortsunabhängigem Arbeiten und der Wunsch nach besserer Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sind gestiegen. Stärker lebensphasenorientierte Erwerbsverläufe und variable Beschäftigungsformen haben zugenommen.

Diese Entwicklungen müssen auch in gesetzlichen Schutzvorgaben berücksichtigt werden. Veraltete und starre rechtliche Rahmen, die oft auch den Wünschen der Beschäftigten entgegenstehen, müssen reformiert werden. Wir brauchen ein Arbeitszeitrecht, das eine flexible Aufteilung der Arbeitszeit ermöglicht sowie einfachere Regelungen für mobiles Arbeiten.

Wir fordern

  • Arbeitszeitgesetz modernisieren: Höchstarbeitszeitgrenze von täglich auf wöchentlich ändern und Ausnahmen bei Ruhezeiten zulassen
  • Regelungen für mobiles Arbeiten an Anforderungen der Arbeitswelt anpassen
  • Werk- und Dienstverträge als notwendigen Bestandteil einer arbeitsteiligen Wirtschaft beibehalten
  • Reform der Regelungen zur Scheinselbstständigkeit, um Solo-Selbstständigen, Freiberuflern und Unternehmen Rechtssicherheit zu ermöglichen
  • Keine feste Entgeltgrenze für Minijobs, sondern eine Anpassung an den aktuellen Mindestlohn
  • Arbeitskräfteeinwanderung anhand eines Punktesystems fördern

2. Steuern & Finanzen: Eine zukunftsorientierte Steuerpolitik muss auf Wirtschaftswachstum und Innovationsimpulse setzen, um die mittelständische Wirtschaft zu unterstützen.

Unser Wohlstand gründet vor allem auf Leistung und Erfolg der Unternehmen und Beschäftigten im Mittelstand. Kleine und mittlere Unternehmen und ihre Mitarbeiter*innen erwirtschaften die Grundlagen für den sozialen Ausgleich und tragen mit ihren Steuern und Beiträgen dazu bei, dass die Kassen von Staat und Sozialversicherungen gefüllt sind.

Aber: Deutschland ist ein Hochsteuerland. Dies ist nicht nur ein Standortnachteil für ausländische Investitionen, sondern vor allem ein Handicap für die heimische Wirtschaft. Insbesondere Leistungsträger*innen aus der Mittelschicht werden überproportional zur Steuer- und Abgabenleistung herangezogen. Nicht nur in Krisenzeiten, sondern auch zur Stärkung der Konjunktur müssen Unternehmen und Arbeitnehmer*innen deutlich entlastet werden.

Wir fordern:

  • Mittelstandsbauch und kalte Progression durch automatische Anpassung an die Preisentwicklung abschaffen
  • Sozialversicherungsbeiträge stabil halten
  • Steuersätze für Unternehmen herabsetzen
  • Gewerbesteuer weiterentwickeln und Thesaurierungsbelastung senken
  • Eigen- und Fremdkapital bei Unternehmensfinanzierung gleichbehandeln
  • Degressive Abschreibungsmöglichkeiten verbessern
  • Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge abschaffen
  • Solidaritätszuschlag vollständig abschaffen
  • Auf Wiedereinführung von Vermögensabgabe verzichten
  • Verschonungsregelung von Betriebsvermögen bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer beibehalten

3. Digitalisierung: Die Digitalisierung ist nicht nur Chance, sondern Notwendigkeit. Sie ist Voraussetzung für eine starke Wirtschaft, den Erhalt des Wirtschaftsstandorts Deutschland, die Bewältigung des demografischen Wandels und die Erwerbsbeteiligung von Frauen.

Die digitale Transformation ist Treiber des technologischen Fortschritts und wirtschaftlichen Wachstums. Doch Deutschland hängt in Sachen Digitalisierung im internationalen und europäischen Vergleich immer noch weit zurück. Zwar ging mit der Corona-Pandemie ein gewisser Digitalisierungsschub durchs Land, gleichzeitig wurden jedoch Lücken der Digitalisierung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft deutlicher denn je.

Grundlage für eine erfolgreiche digitale Transformation des Mittelstandes ist eine flächendeckende und leistungsfähige digitale Infrastruktur sowie eine digitale Verwaltung, die dem Digitalisierungsfortschritt von Wirtschaft und Gesellschaft vorausgeht.

Wir fordern:

  • Digitalpolitik ressortübergreifend abstimmen und effektiv gestalten
  • Eine zukunftsfähige digitale Infrastruktur mit flächendeckender Breitbandversorgung
  • Die zügige und flächendeckende Standardisierung und Normierung der digitalen Verwaltungsstrukturen
  • Fördermittel für KMU zur Umsetzung der digitalen Transformation entbürokratisieren

4. Klima & Energie: Nachhaltiges Wirtschaften heißt für uns, Ökonomie und Ökologie technologieoffen, praktisch umsetzbar und sozialverträglich in Einklang zu bringen.

Klimaschutz und Energiewende sind neben der Digitalisierung und dem demografischen Wandel die großen und in vielerlei Hinsicht miteinander verknüpften Transformationsthemen und Herausforderungen unserer Zeit. Nachhaltiges Wirtschaften ist ein Gleichklang aus Wirtschaftlichkeit, Ökologie und Sozialem. Diese drei Bausteine dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Für die

ökologische Transformation ist die entscheidende wissenschaftliche Erkenntnis: Das Beibehalten des 1,5 Grad-Ziels ist unerlässlich und sollte technologischer Fokus sein. Es kommt jetzt auf die schnelle Umsetzung wirkungsstarker und praktikabler Maßnahmen an.

Wir fordern:

  • International wettbewerbsfähige Strompreise sicherstellen
  • Den geplanten Transfer des EU-Emissionshandels im Wärme- und Verkehrssektor schnell umsetzen
  • Ausgleichs- und Schutzmechanismen für fairen Wettbewerb, z. B. Umsetzung des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) und Einführung von Carbon Contracts for Difference (CCfD)
  • Ausbau erneuerbarer Energieerzeugung und -speicherung in den Unternehmen fördern
  • Genehmigungsverfahren für den Aufbau erneuerbarer Energien beschleunigen
  • Eine sozial ausgewogene Klima- und Energiewende
  • Weibliches Unternehmertum stärken: Frauengeführte Unternehmen arbeiten häufiger sozialer, ökologischer und nachhaltiger
  • Unterstützung der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs)

5. Frauen in der Wirtschaft stärken: Sieht man sich die Position von Frauen in der Wirtschaft an, fallen in Deutschland Anspruch und Wirklichkeit weiterhin weit auseinander.

Frauen haben einen großen Anteil an der wirtschaftlichen Leistung Deutschlands und sind ein Erfolgsfaktor für Unternehmen. Trotzdem sind sie in den Vorständen und Führungsetagen der deutschen Wirtschaft noch immer deutlich unterrepräsentiert. Sie verdienen weniger als Männer und gründen seltener eigene Unternehmen oder treten die Nachfolge in Unternehmen an.

Der VdU setzt sich seit seiner Gründung dafür ein, mehr Frauen für die unternehmerische Selbstständigkeit zu gewinnen, frauengeführte Unternehmen zu stärken und im Management mehr Frauen in unternehmerische Führungsverantwortung zu bringen.

Wir fordern:

  • Unternehmerisch tätige Frauen als Rollenvorbilder in den Fokus rücken
  • Eine Ausweitung der Quote auch für die Aufsichtsräte der Unternehmen, die entweder börsennotiert sind ODER der Mitbestimmung unterliegen
  • Supplier Diversity: Frauengeführte Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette fördern
  • Unternehmerische Frauennetzwerke stärken, national und international sowie im Women20- und Business20-Dialog
  • Strukturelle und wo nötig gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen, die Frauen nicht länger benachteiligen (siehe Steuern & Finanzen, Vereinbarkeit, MINT & Bildung)

6. Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Sorgearbeit: Bessere Bedingungen für Vereinbarkeit sind das A und O für eine wirtschaftliche Stärkung von Frauen.

Mütter und Väter brauchen verlässliche Angebote und Strukturen, um Erwerbs- und familiäre Sorgearbeit besser zu vereinen. Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ist dabei ein wichtiger Baustein und muss ab 2026 umgesetzt werden. Väter müssen sich zudem stärker an der Sorgearbeit in den Familien beteiligen.

Wir fordern:

  • Flächendeckenden Ausbau der Ganztagsschulen und -betreuung sowie der Kita-Betreuung auch in den Randzeiten beschleunigen
  • Qualität der Kinderbetreuung verbessern
  • Einen ganzheitlichen Ansatz mit musischem, sportlichem und kulturellem Angebot als Dreiklang aus Betreuen, Bilden, Fördern
  • Kinderbetreuung bezahlbar machen
  • Volle Abzugsfähigkeit der Kinderbetreuungskosten von der Einkommensteuer
  • Elterngeldregelungen ändern, mit dem Ziel einer fairen 50:50-Verteilung von Elternzeiten zwischen Vätern und Müttern
  • Bessere Vereinbarkeit von Unternehmertum und Familie durch Reformen bei Mutterschutz und Elterngeld für Selbstständige

7. Gleichstellungspolitik als Teil der Wirtschaftspolitik: Die gleiche Teilhabe von Frauen in Schlüsselpositionen in Politik und Gesellschaft führt zur Auflösung struktureller Hürden für Frauen in der Arbeitswelt.

Wirtschafts- und Finanzpolitik müssen dazu beitragen, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt vorangetrieben wird. Zwar ist die Frauenerwerbstätigkeit in Deutschland in den vergangenen Jahren gestiegen, allerdings wird sie meist in Teilzeit geleistet und reicht oft nicht für eine eigen[1]ständige Alterssicherung. Steuerliche Fehlanreize hemmen den Ausbau des Erwerbsumfangs und führen dazu, dass Frauen weniger Nettoeinkommen haben, was sie eher dazu bringt, beruflich zurückzustecken.

Wir fordern:

  • Mehr Frauen in Beratungs- und Entscheidungsgremien für politische Maßnahmen
  • Branchen, Unternehmensgrößen und Beschäftigungsverhältnisse, in denen vor allem Frauen tätig sind, bei wirtschaftspolitischen Maßnahmen berücksichtigen
  • Ehegattensplitting modernisieren
  • Anreize für die Aufnahme sozialversicherungspflichtiger und möglichst voller Erwerbstätigkeit schaffen

8. MINT & Bildung: Gute Bildung bedeutet Chancengerechtigkeit und ist eine unserer wichtigsten Ressourcen für Wohlstand und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Nicht erst in der Corona-Krise zeigte sich eine große Ungleichheit bei der Qualität und dem Zugang zu Bildung. Es gibt dringenden Handlungsbedarf. Es geht um die Zukunft unserer Kinder, unserer Wirtschaft und unserer Wissensgesellschaft. Schule und Ausbildung müssen Kindern und Jugendlichen die Zukunftskompetenzen vermitteln, die sie morgen als mündige Bürger*innen, als Unternehmer*innen und Arbeitnehmer*innen brauchen.

Frauen sind in MINT- und IT-Berufen weiterhin zu selten vertreten. Der VdU engagiert sich daher vielfältig dafür, Mädchen an MINT- und IT-Tätigkeiten heranzuführen, damit sie zukünftig als gleichberechtigte Gestalterinnen an der digitalen und technischen Entwicklung mitwirken.

Wir fordern:

  • Mädchen in MINT- und IT-Berufen fördern
  • Bildungsstandards verbessern und Grundkompetenzen stärker fördern
  • Ausreichende Ausstattung der Schulen und Schüler*innen für den digitalen Unterricht
  • Digitale Lehrangebote fest in den Unterricht integrieren und digitale Kompetenzen bei Lehrer*innen und Schüler*innen stärken
  • Ökonomische Grundkompetenz in Schulen verpflichtend vermitteln und in der Ausbildung fördern
  • Reform des Lehramtsstudiums
  • Entlastung der Lehrer*innen von Verwaltungsaufgaben
  • Kooperationsgebot statt -verbot zwischen Bund und Ländern

9. Unternehmertum: Die Wertschätzung des Unternehmertums bildet die Basis des gesellschaftlichen Wohlstandes für Alle.

Unternehmen brauchen verlässliche und zukunftsfähige Rahmenbedingungen, damit die Wirtschaft international wettbewerbsfähig bleibt. Dazu gehören gute Finanzierungsmöglichkeiten und ein wertschätzendes gesellschaftliches Klima. Die zentrale Bedeutung von Unternehmertum für unseren Wohlstand und den gesellschaftlichen Zusammenhalt muss anerkannt und auf breiter politischer Basis kommuniziert werden.

Wir fordern:

  • Zugangsmöglichkeiten zum Kapitalmarkt für frauengeführte Start-ups und Unternehmen
  • Bürokratieabbau verstärken und unzeitgemäße Regulierungen abbauen
  • Ausschreibungs- und Vergabeverfahren dauerhaft vereinfachen und beschleunigen
  • Verbandssanktionengesetz (VerSanG) korrigieren, um nicht die Unternehmen, sondern die jeweiligen Verantwortlichen zu belangen
  • Wertschätzung des privaten Unternehmertums, weil es die Basis des gesellschaftlichen Wohlstandes ist

Den Forderungskatalog können Sie hier herunterladen.

 

Kontakt
Inken Patermann, Verband deutscher Unternehmerinnen e.V. (VdU),
Tel.: 030 200 59 19 19; E-Mail: inken.patermann@vdu.de, www.vdu.de

Über den VdU
Der Verband deutscher Unternehmerinnen e. V. (VdU) vertritt seit 1954 als Wirtschaftsverband branchenübergreifend die Interessen von Unternehmerinnen in Politik und Gesellschaft. In besonderem Maße zeichnet uns die Verbindung von unternehmerischer Interessenvertretung und gleichstellungspolitischer Lobby aus.