Wirtschaft & Arbeit Positionspapier

Standortsicherung durch effiziente Steuer- und Finanzpolitik

Positionspapier zu Steuer- und Finanzpolitik des Verbands der Unternehmerinnen

A Zusammenfassung 

Der Wirtschaftsstandort Deutschland sinkt im internationalen Vergleich in seiner Wettbewerbsfähigkeit zunehmend ab. Um zukunftsfähig zu bleiben, muss die mittelständische Wirtschaft durch maßgebliche steuer- und finanzpolitische Reformen unterstützt werden. Die sinkende Investitionsbereitschaft und steigenden Kosten belasten die Unternehmen und gefährden das Wachstum, das für die Stabilität und den Wohlstand essenziell ist. Auch die soziale Marktwirtschaft, die durch Angebotspolitik und Effizienzsteigerungen die Wirtschaft stärken soll, wird durch strukturelle Defizite geschwächt. 

Eine moderne Steuer- und Finanzpolitik, die die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern fördert, weibliches Unternehmertum stärkt und private Investitionen stimuliert, ist nicht nur aus Gründen der Chancengleichheit essenziell, sondern auch aus volkswirtschaftlichen Gründen dringend erforderlich.   

Die Kernforderungen des VdU sind: 

  • Eine umfassende Unternehmenssteuerreform: Für Kapitalgesellschaften darf die unternehmenssteuerliche Belastung 25 Prozent nicht überschreiten, für Personengesellschaften und Einzelunternehmer*innen 22 Prozent.  
  • Eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags 
  • Keine Substanzbesteuerung wie z.B. Vermögenssteuer oder -abgabe 
  • Kalte Progression mindern durch Erhöhung des Grundfreibetrags und eine Änderung des Tarifverlaufs 
  • Sozialabgaben auf maximal 40 Prozent deckeln 
  • Ausgaben im Bundeshaushalt priorisieren und Subventionen gezielt abbauen 
  • Reform der Schuldenbremse zugunsten von Zukunftsinvestitionen 
  • Zugang zu Kapital für frauengeführte Unternehmen und Start-ups verbessern 
  • Keine Substanzbesteuerung bei Erbschafts- und Schenkungssteuer 
  • Eine Reform des Ehegattensplittings hin zu einem Familiensplitting 
  • Die vollständige Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten von der Einkommenssteuer 
  • Die Reform der Krankenversicherung hinsichtlich der Familien-/Mitversicherung von Ehepartnern 
  • Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung bei Beschäftigung von Rentner*innen aufheben 

 

B Einleitung

Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sind das Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft und sichern Wohlstand und Wachstum. “Made in Germany” ist ein historisch erarbeitetes Gütesiegel, das Deutschland in der Weltwirtschaft als führender Produktions- und Forschungsstandort beschreibt. Abwanderungen, Deindustrialisierung, Fachkräftemangel, Rückgang ausländischer Investitionen sowie Erweiterungsinvestitionen im Inland bedingen Krisen und eine nachhaltige Rezession. Die deutsche Wirtschaft als Standort sinkt im internationalen Vergleich in ihrer Wettbewerbsfähigkeit und sackt im Ranking, das die Standortfaktoren von Staaten vergleicht, zunehmend ab. KMU sind regional verankert, beschäftigen 71 Prozent der Erwerbstätigen und stellen 90 Prozent der Ausbildungen sicher. Um zukunftsfähig zu bleiben, muss die mittelständische Wirtschaft durch maßgebliche steuer- und finanzpolitische Reformen unterstützt werden.  Mit Blick auf die anhaltend schwachen Wirtschaftsaussichten ist es wichtig, dass der Mittelstand attraktive Standort- und Investitionsbedingungen vorfindet.  Nur mit Wirtschaftswachstum aus dem Mittelstand heraus, kann Deutschland der Wirtschaftsmotor Europas bleiben. Um weiterhin Wachstum zu erzeugen, müssen Unternehmen investieren und Innovationen vorantreiben können. Verbesserte steuerpolitische Rahmenbedingungen sind eine wichtige Stellschraube für die dafür notwendige Stärkung der Liquidität von Unternehmen. 

Zudem ist Steuer- und Abgabenpolitik eine zentrale Stellschraube, um die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern zu erreichen und weibliches Unternehmertum zu stärken. Der Gesetzgeber muss insbesondere im steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Bereich Maßnahmen ergreifen, die die Erwerbsarbeit von Frauen erleichtern und es attraktiver machen, den Erwerbsumfang auszuweiten. Dafür müssen Fehlanreize im geltenden Steuerrecht und bei den Sozialversicherungen abgeschafft werden. 

Nicht zuletzt ist es wichtig, dass sich die Bundesregierung auf eine Angebotspolitik im Sinne der sozialen Marktwirtschaft fokussiert, denn diese ist ein wesentlicher Bestandteil von nachhaltiger und zukunftsorientierter Wirtschaftspolitik. Sie verbessert die Produktionsbedingungen und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, um das gesamtwirtschaftliche Angebot zu steigern.

Steuererleichterungen, Deregulierung und Investitionen in Infrastruktur und Bildung sind erforderliche Maßnahmen, um, die Innovationskraft und Effizienz der Unternehmen zu fördern. Eine erfolgreiche Angebotspolitik kann zu höherem Wirtschaftswachstum, mehr Beschäftigung und einer verbesserten internationalen Wettbewerbsfähigkeit führen. Zudem trägt sie dazu bei, die Inflation zu kontrollieren, indem sie das Angebot an Gütern und Dienstleistungen erhöht und somit Preisdruck mindert.  

1. Steuerpolitik 

Frankreich, Belgien und Großbritannien haben es auf der Agenda, und viele weitere Staaten auch: Sie machen ihre Länder als Wirtschaftsstandorte attraktiv, indem sie ihre Unternehmenssteuern senken. Fehlanzeige dagegen im Hochsteuerland Deutschland beim Bemühen um bessere Bedingungen für Unternehmen.  

Die Unternehmerinnen des VdU fordern: 

  • Eine umfassende Unternehmenssteuerreform 

Während die steuerliche Gesamtbelastung in Deutschland bei über 30 Prozent liegt, lag der Durchschnitt der OECD-Länder hingegen bei lediglich 23,5 Prozent. Die hohe Steuerbelastung für Unternehmen macht Deutschland im internationalen Standortwettbewerb unattraktiv und gefährdet dadurch wichtige Investitionen und das hohe Beschäftigungsniveau. Insbesondere der Mittelstand ist durch hohe steuerliche Abgaben und bürokratische Auflagen überproportional belastet. Zunehmende Diskussionen über Steuererhöhungen und die Refinanzierung der pandemiebedingten Mehrausgaben durch eine Vermögenssteuer sind daher unverantwortlich. Die deutschen Unternehmerinnen halten eine umfassende Unternehmenssteuerreform für überfällig. Sie fordern, die unternehmenssteuerliche Belastung der Kapitalgesellschaften auf nicht ausgeschüttete Gewinne auf 25 Prozent und der Personengesellschaften und für Einzelunternehmer*innen für alle nicht entnommenen Gewinne auf 22 Prozent zu begrenzen.

Neben einer deutlichen Senkung des Körperschaftssteuersatzes sind dabei auch die Einkommenssteuer und insbesondere die Gewerbesteuer in den Blick zu nehmen. 

  • Eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags

Die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags ist überfällig, um Unternehmen zu entlasten. So können Investitionsspielräume für Unternehmen geschaffen und ihre Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden. 

  • Keine Substanzbesteuerung wie z. B. Vermögenssteuer oder -abgabe

Für den deutschen Mittelstand ist charakteristisch, dass ein Großteil des Vermögens in den Betrieben gebunden ist. In vielen Unternehmen, insbesondere in Personengesellschaften und bei Soloselbständigen, ist eine klare Unterscheidung zwischen dem Privatvermögen der Eigentümer*innen und dem Firmenvermögen kaum möglich. Häufig ist das Privatvermögen der Gesellschafter*innen die Reserve des Unternehmens. Unternehmer*innen setzen vielfach ihr privates Vermögen ein, wenn notwendige große Investitionen anstehen und die Liquidität des Unternehmens dafür nicht ausreicht.  

Eine Vermögenssteuer oder eine Vermögensabgabe wäre neben der Gewerbesteuer und der Grundsteuer eine weitere Substanzbesteuerung und würde vor allem die Unternehmer*innen des Mittelstands sowie ihre Betriebe treffen. Folglich ginge dies unmittelbar zulasten von Innovation und Investitionen und damit auf Kosten von Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Arbeitsplätzen. Dies würde die Krise weiter verschärfen und staatlichen Konjunkturmaßnahmen für neue wirtschaftliche Impulse zuwiderlaufen. Auch in Sachen Standortpolitik würde eine Vermögenssteuer Deutschland zurückwerfen und Investitionsentscheidungen zum Nachteil für Deutschland beeinflussen. Nicht zuletzt stünden der bürokratische und finanzielle Aufwand für die Erhebung in keinem Verhältnis zu den Einnahmen durch eine Vermögenssteuer oder -abgabe. 

  • Kalte Progression mindern

Der deutsche Einkommensteuertarif ist progressiv, was bedeutet, dass zusätzlich verdientes Einkommen stärker besteuert wird. Ohne regelmäßige Anpassungen entsteht die sogenannte „kalte Progression“, bei der die Steuerlast steigt, selbst wenn das Einkommen nur mit der Inflation steigt. Dies betrifft vor allem Personen mit niedrigen und mittleren Einkommen. Eine Erhöhung des Grundfreibetrags und eine Änderung des Tarifverlaufs können die Auswirkungen der „kalten Progression“ mildern und die Binnennachfrage stärken. Langfristig sollte auch der Punkt im Tarifverlauf, an dem der Spitzensteuersatz greift, überdacht werden, da dies bereits ab einem vergleichsweise niedrigen Einkommen von 58.597 Euro geschieht und somit als leistungsfeindlich wirken kann. 

  • Sozialabgaben deckeln 

Seit Januar sind die Sozialbeiträge erstmals seit 2012 wieder über 40 Prozent gestiegen.  Die Bundesregierung neigt dazu, Leistungen von Unternehmen finanzieren zu lassen. Eine Entfremdung von Regierung und Mittelstand wird hier ganz deutlich. Dies belastet Unternehmen, die schon jetzt um ihre Existenz und Wettbewerbsfähigkeit kämpfen. Es ist wichtig, dass der Sozialstaat auf einem gesellschaftlichen Konsens basiert und nachhaltig finanziert wird. Die 40-Prozent-Grenze bei den Sozialbeiträgen ist entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Die Sozialabgaben sollten daher dauerhaft auf 40 Prozent gedeckelt werden. Kostensteigerungen müssen durch Einsparungen abgefedert, Leistungsausweitungen ausgesetzt oder durch Einsparungen an anderer Stelle kompensiert werden. Ebenso muss die private Vorsorge deutlicher in den Fokus rücken und auch zum gesetzlichen Renteneintrittsalter braucht es eine ehrliche Debatte. 

Alle Sozialversicherungen müssen zudem in den nächsten drei Jahren demografiefest gemacht und modernisiert werden, um steigende Lohnzusatzkosten zu vermeiden. Dies erfordert grundlegende Reformen zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung, etwa durch Leistungskonzentration.  Es droht eine maßlose Kostenexplosion für Unternehmen, Bürger*innen und den Bundeshaushalt.

2. Haushaltspolitik 

Das Ringen der Bundesregierung um die Haushaltspolitik des Landes zeigt deren Bedeutung. Klar ist, im Zuge der aktuell angespannten Haushaltslage müssen alle Karten auf den Tisch: Welche Ausgaben sind unverzichtbar, welche Einnahmen können zusätzlich generiert werden, was hat Priorität und welcher Reformen bedarf es dafür? Diese Fragen müssen sich die Verantwortlichen in der Regierung stellen, sie sollten aber auch in einer breiten gesellschaftlichen Debatte erörtert werden. 

Die Unternehmerinnen des VdU fordern: 

  • Ausgaben priorisieren und Subventionen gezielt abbauen 

Für eine solide Haushalspolitik ist zwingend notwendig, dass Ausgaben priorisiert und Subventionen und Förderprogramme unter dem Aspekt der Generationengerechtigkeit neu bewertet werden, unabhängig davon, ob sie bereits bestehen oder geplant sind. Bedenklich ist , dass die Bundesregierung laut eigenen Angaben keinen Gesamtüberblick darüber hat, wie viele Förderprogramme beim Bund laufen und auf welches Volumen sie sich summieren.1 

Subventionen sind ein nicht zu unterschätzender Kostentreiber im Haushalt des Bundes und haben zudem Auswirkungen auf Preise und Wettbewerb. Die Folge sind Fehlallokationen, die einen Strukturwandel behindern. Davon ausgenommen sind Subventionen, zur Wachstumsbegünstigung wie bspw., Anschubförderungen für neue Technologien. Wir fordern einen differenzierten Ansatz zum Abbau von Subventionen, zur Sanierung des öffentlichen Haushalts und Freisetzung von Investitionskapital. 

  • Reform der Schuldenbremse 

Seit 2009 setzt die Schuldenbremse dem Staat enge Grenzen bei der Kreditaufnahme mit dem Ziel einer soliden und generationengerechten Haushaltsführung. Gleichzeitig fehlt es dem Staat an Geld, um in die Modernisierung der Infrastruktur und in die klimaneutrale und digitale Transformation der Wirtschaft zu investieren. Nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) und des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) beläuft sich die Investitionslücke in Deutschland auf mittlerweile 600 Milliarden Euro.2  

Auch eine deutliche Zweidrittelmehrheit der Unternehmerinnen im VdU unterstreicht diesen Investitionsbedarf und befürwortet daher eine Reform der Schuldenbremse, zugunsten von Zukunftsinvestitionen. Die bestehenden Lücken in der Infrastruktur, wie der fehlende Breitbandausbau oder unzureichende Kinderbetreuungsangebote, behindern unternehmerische Geschäftsabläufe und führen dazu, dass Deutschland als Wirtschaftsstandort zunehmend unattraktiver wird.3 

3. Nachfolge und Gründung  

Frauen tragen wesentlich zur Wirtschaftsleistung Deutschlands bei und sind ein Erfolgsfaktor für Unternehmen. Dennoch sind sie in der Wirtschaft nach wie vor unterrepräsentiert – ob als Gründerinnen oder als Unternehmerinnen. Der Zugang von Frauen zu Schlüsselpositionen muss verbessert werden. 

Die Unternehmerinnen des VdU fordern: 

  • Zugang zu Kapital für frauengeführte Unternehmen und Start-ups verbessern 

Im Bereich der Unternehmensfinanzierung zeigen sich klare Benachteiligungen von Unternehmerinnen und Gründerinnen durch einen „Gender Bias“ in Investmentprozessen.4 Nur zwei Prozent der eingeworbenen Mittel entfielen im Jahr 2022 auf die von Frauen gegründeten Unternehmen.5 Um diesen zu überwinden, sind deutliche Veränderungen bei Venture Capital, staatlichen Förderungen, der Förderung von weiblichen Business Angels und dem Zugang zu klassischen Bankkrediten für Unternehmerinnen notwendig. Denn durch einen verbesserten Zugang zu Kapital für frauengeführte Start-ups und Unternehmen in der Gründungs- und Wachstumsphase kann die Zahl der Unternehmerinnen gesteigert und damit mehr Vielfalt im Unternehmertum erreicht werden. Dies ist nicht zuletzt auch im wirtschaftlichen Interesse von Hausbanken, Venture Capital und Investor*innen. Denn Unternehmen mit Frauen im Führungsteam und Start-ups mit Frauen im Gründungsteam sind nachweislich langfristig erfolgreicher als reine Männerteams. Die Unternehmerinnen im VdU sehen dabei auch den Staat als öffentlicher Kapitalgeber und die Hausbanken als Mittler in einer besonderen Vorbildfunktion. Staatliche Optionen könnten eine Mindestquote von 30 Prozent für die leitenden Positionen im Investment-Team öffentlicher VC-Gesellschaften sein, damit öffentliche Investor*innen ihrer Vorbildfunktion gerecht werden oder ein separater staatlicher Fonds für Gründerinnen und eine Gründerinnenquote bei staatlichen Fördermitteln sein. Der separate staatliche Fonds könnte z. B. in Form eines Evergreen-Fonds ohne feste Laufzeit ausgestaltet sein und sich speziell an Gründerinnen richten, indem er sich stärker an langfristiger Profitabilität orientiert. 

  • Keine Substanzbesteuerungen bei Erbschafts- und Schenkungssteuer 

Die Erbschaftsteuer spielt für die erfolgreiche Betriebsübergabe von kleinen und mittelständischen Unternehmen eine große Rolle. Dies gilt sowohl für die Erbschaftsteuer (im Todesfall) als auch die Schenkungsteuer (zu Lebzeiten). Entgegen der verbreiteten Annahme behandelt Deutschland Erb*innen bei der Erbschaftsteuer nicht besonders vorteilhaft. Tatsächlich haben einige Länder wie Schweden, Österreich, die Slowakei und Portugal die Erbschaftsteuer komplett abgeschafft. Viele andere Staaten, darunter Dänemark, Frankreich, Irland, Polen, Großbritannien, Ungarn und die USA, erheben keine Erbschaftsteuer auf Betriebsvermögen, das an nahe Verwandte vererbt wird. Im Vergleich dazu zählt Deutschland sowohl bei der allgemeinen Erbschaftsteuer als auch bei der Besteuerung von vererbtem Betriebsvermögen zu den Ländern mit den höchsten Steuersätzen.  

Überlegungen der Parteien zur Verschärfung der erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen sind genauso fehl am Platz wie ein sog. „Flat-Tax-System“ bei der Erbschaftssteuer, das einen einheitlich niedrigen Erbschaftssteuersatz auf das gesamte übertragene Vermögen unter der Berücksichtigung von persönlichen Freibeträgen vorsieht. Die Umstellung auf eine Flat-Tax, bei dem eine breite Bemessungsgrundlage und ein einheitlicher Steuersatz angewendet würden, könnte zwar zu einer Vereinfachung und Entbürokratisierung führen. Allerdings zeigen Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), dass ein solches Modell im Vergleich zur aktuellen Gesetzeslage unterschiedliche Auswirkungen hätte: Die Erb*innen kleinerer und mittelgroßer Unternehmen müssten voraussichtlich mehr Steuern entrichten, während sich die steuerliche Situation bei umfangreichen Erbschaften und Schenkungen in der Regel verbessern würden.6  Eine Reform dieser Art würde zu einer Verschiebung der Steuerlast führen, wobei kleinere Erbschaften tendenziell stärker belastet und größere Vermögensübertragungen eher entlastet würden. 

4. Steuerliche (Fehl-) Anreize  

Das Steuer- und Abgabensystem ist noch immer auf die Einverdienerehe ausgerichtet und hemmt die Ausweitung der Erwerbstätigkeit von Frauen. Allein höhere Löhne als Anreiz für Mehrarbeit reichen nicht aus, da die Mechanismen von Ehegattensplitting, der Verdienstgrenze bei Minijobs oder der beitragsfreien Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung dem entgegenstehen. 

Der Gesetzgeber muss insbesondere im Bereich des Steuer- und Sozialversicherungsrechts Maßnahmen ergreifen, die die Erwerbstätigkeit von Frauen fördern und es attraktiver machen, den Erwerbsumfang auszuweiten.  

Die Unternehmerinnen des VdU fordern: 

  • Eine Reform des Ehegattensplittings 

Das Ehegattensplitting steht einer eigenständigen Existenzsicherung von Frauen entgegen, da es einseitig einkommensstarke Einverdienerehen unabhängig von der der Kinderzahl fördert. Die Steuervorteile führen in der Regel zu einer Verringerung der Erwerbstätigkeit der Frau, die sich durch fehlende monetäre Anreize auf die Kinderbetreuung und Hausarbeit fokussiert. Diese Entscheidung rächt sich später für viele Frauen. Ihr geringer Erwerbsumfang führt zu niedrigem Eigeneinkommen und Rentenansprüchen. Die beschlossene Abschaffung der Steuerklassenkombination III/V ist ein richtiger und wichtiger Schritt, kommt mit Umsetzung im Jahr 2030 allerdings 5 Jahre zu spät. Darüber hinaus sollte das Ehegattensplitting hin zu einem Familiensplitting modernisiert werden. 

  • Die vollständige Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten von der Einkommenssteuer  

Für Kinder ab einem Jahr besteht in Deutschland ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Dieser umfasst in der Regel einen Betreuungsumfang von 6 Stunden pro Tag, was für Vollzeit berufstätige Mütter kaum ausreicht. Eine Ende 2022 veröffentlichte Studie der Bertelsmann Stiftung stellte zudem fest, dass in Deutschland 384.000 Kita-Plätze fehlen. Auch der Ausbau der Ganztagsschulen kommt in Deutschland nur schleppend voran. Der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung kann in vielen Fällen nicht vollumfänglich eingelöst werden. Gerade Selbstständige sind aber auf eine Betreuung angewiesen und müssen diese Lücke durch private Betreuung schließen. Diese Kosten müssen in vollem Umfang steuerlich geltend gemacht werden können. 

  • Die Reform der Krankenversicherung hinsichtlich der Familien-/Mitversicherung von Ehepartnern 

Die beitragsfreie Familien-/Mitversicherung verfestigt zusammen mit anderen Faktoren (z. B. Ehegattensplitting und Minijobs) die traditionelle Rollenverteilung in der Ehe und steht dem Ziel der höheren Erwerbsbeteiligung von Frauen entgegen.  

  • Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung bei Beschäftigung von Rentner*innen aufheben 

Aktuell müssen Arbeitgeber*innen auch für arbeitende Rentner*innen voll in die Sozialversicherung einzahlen, obwohl die Beschäftigten nie wieder Arbeitslosengeld brauchen werden, da sie ihre Rente beziehen. Die Beitragspflicht sollte sowohl für Unternehmen als auch Arbeitnehmer*innen aufgehoben werden, um einen Anreiz für längeres Arbeiten zu schaffen. 

 

Das gesamte Positionspapier zu Steuer- und Finanzpolitik finden Sie hier zum Download.

 

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an:  

Inken Patermann 
Leiterin politische Kommunikation 
inken.patermann@vdu.de 
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