Sieben Rostocker Frauen vom Landesverband deutscher Unternehmerinnen VdU nutzen am Dienstagnachmittag (24.10.23) die Chance, mit Dr. Gernot Tesch, Geschäftsführer der Rostock Port GmbH, ins Gespräch zu kommen. Er lud die Unternehmerinnen ein, mit einem kleinen E-Bus das 750 Hektar große Hafenareal zu erkunden und sich ein Bild von der Entwicklung und Bautätigkeit zu machen. „Jeder, der im Nordosten ein Unternehmen führt, und sei es noch so klein, hat zumeist geschäftliche Beziehungen zum Hafen und seinen Betrieben. Das hat uns gereizt, ein bisschen mehr zu erfahren, wie es im Hafen derzeit so läuft“, sagt Christiane Ehlert, Landesvorsitzende des VdU.
Unmittelbar neben dem Verwaltungsgebäude von Rostock Port entsteht derzeit ein weiteres Bürogebäude. In Nachbarschaft dazu wird die älteste Kaianlage des Hafens mit einer Millioneninvestition wieder fit gemacht, erzählt Dr. Tesch. „Hier am Liegeplatz 31 ist am 30. April 1960 das erste Schiff gelöscht worden, die MS „Schwerin“, gebaut auf der Warnow-Werft. Die Entscheidung für den Hafen hatte eine große wirtschafts-strategische Bedeutung für die DDR und für Rostock.“
Heute stehen 49 Schiffsliegeplätze zur Verfügung, beträgt die gesamte Kailänge mehr als elf Kilometer. Düngemittel und Getreide, Kohle und Öl, Container und Trucks mit allen erdenklichen Gütern werden von Rostock aus verschifft bzw. hier angelandet. Beeindruckt zeigten sich die Unternehmerinnen von den zahlreichen E-Autos, die auf dem neuen Autoterminal Platz finden und auf den Transport nach Skandinavien warten. Sie wurden wie viele andere Güter auch zumeist mit der Bahn in den Hafen gebracht. „Nur das Tesla-Werk in Berlin-Grünheide hat noch keine Zuganbindung“, so Tesch.
Am Fährterminal ist zu beobachten, wie eine der Scandlines-Fähren aus Gedser eintrifft. Kaum hat sie angelegt, rollt der Autoverkehr. „15 Minuten Hafenzeit werden selbst in der Sommersaison eingehalten“, sagt Dr. Gernot Tesch. Mit Staunen nehmen die Frauen zur Kenntnis, dass auch noch zwei Eisenbahn-Fähren nach Trelleborg in Betrieb sind. „Schweden hat ein großes Interesse, die Schienenverbindung wieder zu beleben und nicht nur von Brücken abhängig zu sein“, meint Tesch.
Der Bus fährt in Richtung Ölhafen, vorbei am Massengutterminal mit Getreidesilos und der Mälzerei. „Ein Hafen zeigt deutlich, wie es aktuell um die Wirtschaft bestellt ist“, erklärt der Hafenchef. Der deutschlandweite Einbruch beim Wohnungsbau und bei täglichen Waren sei spürbar. Das Ölgeschäft dagegen laufe gut. Der Ölhafen ist über Pipelines mit den Chemiestandorten in Leuna, Schwedt und Böhlen verbunden.
Kranhersteller Liebherr ist mit seinen Produkten im Hafen weithin sichtbar. Einer der europaweit größten Hafenkräne prägt die Skyline des weitläufigen Geländes. Noch gut können sich die Unternehmerinnen an die Landgewinnung erinnern. „Die Gründungsarbeiten waren sehr aufwändig“, sagt Tesch. Insgesamt 88 Millionen Euro wurden seit 2003 von Rostock Port in die Geländeerschließungen am Pier III investiert.
Gegenwärtig gibt es über 150 Firmen, die im und am Rostocker Hafen umschlagen, lagern, produzieren oder Dienstleistungen für die Schifffahrt und den Transport anbieten. Die Zahl der direkt und indirekt Beschäftigten der Rostocker Hafenwirtschaft beträgt rund 20.000 Menschen.
„Der Überseehafen ist das große Wirtschaftszentrum der Hansestadt und wirklich sehr beeindruckend“, erklärte VdU-Landesvorsitzende Christiane Ehlert. Die Einblicke in das Hafengeschäft und die Bedeutung für Mecklenburg-Vorpommern seien sehr spannend gewesen. Ihre Familie, so erzählt die selbstständige Fotografin, habe einst Freunde in Petersdorf gehabt, dem Dorf, das Ende der 50er Jahre dem Hafenbau geopfert worden war. Sie versprach Dr. Gernot Tesch, für die Hafenchronik noch ein paar ältere Ansichten herauszusuchen.