Sieht man sich die Position von Frauen in der Wirtschaft an, sei es als Gründerin und Unternehmerin oder als Arbeitnehmerin und Führungskraft, fallen Anspruch und Wirklichkeit weiterhin weit auseinander. Dafür gibt es in Deutschland eine Vielzahl bekannter, miteinander verknüpfter und sich gegenseitig verstärkender Faktoren, die durch die COVID-19-Pandemie verschärft wurden:
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Strukturelle Faktoren in den Unternehmen, denn die Realität ist in weiten Teilen der Wirtschaft von einer männlich definierten Unternehmenskultur gekennzeichnet, die sich unter anderem durch Buddy-Netzwerke und Präsenzkultur auszeichnet. Frauen sind in den ersten Führungsebenen weiterhin in einer Minderheitenposition und haben noch nicht die kritische Masse erreicht, um einen rascheren Kulturwandel voranzutreiben.
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Strukturelle Faktoren, die weiterhin die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erschweren, wie der in Teilen Deutschlands noch immer mangelhafte Zugang zu ausreichender, qualitativer und bezahlbarer Kinderbetreuung, wirtschaftliche Nachteile aufgrund von Kindererziehungsfokus sowie die psychologischen Effekte daraus.
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Finanzielle Faktoren: Die weiterhin niedrige Zahl von Unternehmensgründungen durch Frauen insbesondere im Tech-/Start-up-Bereich hat ihre Ursache vor allem darin, dass Gründerinnen einen schwierigeren Zugang zu Kapital haben.
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Steuerliche Fehlanreize, die hemmend darauf wirken, dass Frauen den Erwerbsumfang ausbauen (u. a. Ehegattensplitting, Steuerklasse V).
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Soziokulturelle Faktoren, die die persönlichen Präferenzen und die Positionierung zu Macht, Wohlstand und Selbstwirksamkeit von Frauen prägen.
Um das von der Bundesregierung gesteckte Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern in diesem Jahrzehnt zu erreichen, braucht es strukturelle und wo nötig gesetzliche Rahmenbedingungen, die nicht länger Frauen benachteiligen oder steuer- und sozialversicherungsrechtliche Fehlanreize setzen und die eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die partnerschaftliche Teilung von Sorgearbeit ermöglichen. Dazu gehört auch, Hindernisse zu beseitigen, die in besonderer Weise Frauen die unternehmerische Tätigkeit und Gründung erschweren.