Sieht man sich die Position von Frauen in der Wirtschaft an, sei es als Gründerin und Unternehmerin oder als Arbeitnehmerin und Führungskraft, fallen in Deutschland Anspruch und Wirklichkeit weiterhin weit auseinander.
Noch immer verwenden Frauen deutlich mehr Zeit auf unbezahlte Sorgearbeit (Kindererziehung, Pflege von Angehörigen, Hausarbeit und Ehrenamt) als Männer. Bei Frauen mit Kleinkindern liegt der Gender Care Gap am höchsten. Diese Zeit fehlt ihnen wiederum bei der verfügbaren Zeit für bezahlte Erwerbsarbeit oder die Gründung eines Unternehmens, was sich im hohen Teilzeitanteil von Müttern und später im Gender Pension Gap (der geringeren Rente und Altersvorsorge) zeigt. Neben dem Gender Pay und Pension Gap gilt daher der Gender Care Gap als wichtiger Indikator des Stands der Gleichstellung in Deutschland.
Die Vereinbarkeitsfrage ist also eine geschlechtsspezifische: Für Mütter geht es um mehr Teilhabe am Erwerbsleben und Chancen im Beruf oder in der Unternehmensgründung, für Väter um mehr Teilhabe an der Sorgearbeit und am Familienleben. Die Weichenstellung in der Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit beginnt aber nicht erst im Übergang zur Elternschaft, sondern bereits in den Elternhäusern und Schulen mit den dort vermittelten Geschlechterrollen.
Der Zweite Gleichstellungsbericht der Bundesregierung benannte als Ziel der Gleichstellungspolitik, dass Frauen und Männer Erwerbs- und private Sorgearbeit gleichberechtigt leisten können. Gleichzeitig muss informelle Sorgearbeit jederzeit zusammen mit Erwerbsarbeit gelebt werden können.
Verschiedene, mehr oder weniger wirkungsvolle, politische Maßnahmen wurden ergriffen, um dieses Ziel einer besseren Vereinbarkeit zu erreichen. Sie adressieren im Kern vor allem Arbeitnehmer*innen. Die Belange von Selbstständigen und Unternehmer*innen wurden bisher nur am Rande berücksichtigt. Der VdU nimmt genau diese Gruppe in den Fokus und benennt bildungs- und familienpolitische, arbeits-, steuer- und sozialversicherungsrechtliche, aber auch pädagogische und gesellschaftliche sowie nicht zuletzt auch betriebliche Maßnahmen, die die Vereinbarkeit von Unternehmertum und Sorgearbeit verbessern und damit mehr Diversität im Unternehmertum durch einen höheren Anteil an Gründerinnen und Unternehmrinnen ermöglichen.
Gemeinsam mit dem Startup-Verband und dem Bundesverband der Freien Berufe (BFB) hat der VdU eine Offensive zur besseren Vereinbarkeit von Unternehmertum und Familie gestartet. Das Ziel: Frauen sollen eine größere Rolle in der Wirtschaft spielen und Selbstständigkeit soll gestärkt werden.